Etatrede zum Haushalt 2024

Rede am 07.12.2023 zum Haushalt 2024 der FDP-Ratsfraktion Gladbeck.

Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin!

Sehr geehrte Frau Kämmerin!

Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Im Kern geht es bei diesem Haushalt um die Freiheit und Selbstbestimmung unserer Stadt.

Natürlich geht es auch um eine lange Liste von Dingen, die 2024 erledigt werden müssen und Vorhaben und Wünsche mit den entsprechenden Preisen dazu.

Der Kern ist und bleibt unsere kommunale Selbstbestimmung.

Die Alternative wäre die dauerhafte vorläufige Haushaltsführung und die hätte große Nachteile:

In den Beschlussvorlagen der Gremien würde es nicht mehr heißen:

„Die Verwaltung wird beauftragt etwas beschlussgemäß umzusetzen.“

Sondern:

„Die Verwaltung wird beauftragt den Beschluss dem Kreis Recklinghausen zur Genehmigung vorzulegen.“

 

Doch die Kompetenzen für Entscheidungen in Gladbeck sind vor Ort am größten und nicht im Kreishaus in Recklinghausen.

 

Die lange Sitzung des Haupt-, Finanz- und Digitalisierungsausschuss (HFDA) hat eins gezeigt: miteinander reden bringt mehr Klarheit und Annäherung, Kompromiss und sehr oft Präzisierung. Der bloße Austausch der Schreiben der Fraktionen zu den einzelnen eigenen Positionen war ganz offensichtlich nicht ausreichend.

Es werden nochmals geprüft die IGA Halden Welt, Konnexität Bericht, Externe Beratung / WPA Bericht, um nur einige Beispiele zu nennen.

Auch wenn es mal lange dauert.

Konstruktives Arbeiten lohnt sich.

Sehr geehrte Frau Kämmerin!

Seit Aufstellung des Haushaltes gab es viele Änderungen seitens des Kommunalministeriums und den zuständigen Genehmigungsbehörden.

Für Ehrenamtliche ist das eine Zumutung.

Sie, Frau Kämmerin, haben darüber immer prompt informiert.

Besten Dank dafür und zusätzlich besten Dank an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die diesen zusätzlichen Arbeitsaufwand nicht nur klaglos auf sich genommen haben, sondern  starkes Engagement gezeigt haben, um die kommunale Selbstständigkeit Gladbecks zu erhalten.

Konkret zum Haushaltsentwurf

Wir wissen: die Rahmenbedingungen sind eng und begrenzt.

Wir haben nur wenig Platz in Gladbeck und damit wenig Platz für Gewerbeansiedlung. Das macht Einnahmeverbesserungen schwierig.

Mit 2100 Menschen pro Quadratkilometer liegen wir in NRW ganz weit vorn. Das ist Rang zwölf von 396 Kommunen.

Die Erträge sind mit 320 Millionen € gegenüber dem Vorjahr exakt gleich geblieben. Die Aufwendungen liegen bei 337 Millionen € und damit 17 Millionen € über dem Vorjahreswert.

Die Schlüsselzuweisungen haben sich von 95,3 auf 93,9 Millionen € verringert.

Es gibt Verbesserungen bei den Hilfen zur Erziehung. Da haben wir uns von Platz 9 auf Platz 3 von 159 Jugendämtern  verschlechtert. Die Steigerungsrate scheint dennoch deutlich abgebremst. (1)

Die Beschäftigungsquote ist mit Rang 311 gleich geblieben.

Die Steuerkraft hat sich erfreulicherweise von Rang 382 auf jetzt 322 voran gearbeitet.

Es gibt voraussichtlich zum Jahres -Abschluss ein schönes Plus von 5,3 Millionen €, deutlich über den ursprünglich geplanten 780.000 €.

Es gibt weitere Verbesserungen beim Ausstieg aus den CHF Krediten.

Die Kredit -Verbindlichkeiten sind von 365 Millionen auf jetzt 419 Millionen angestiegen.

Es bleibt ein Haushalts-Defizit von knapp 17 Mio. Euro.

Wir sind damit keineswegs alleine. Die Defizite in den 10 Städten des Kreises belaufen sich für 2024 auf 250 Mio. €.

Die bilanzielle Überschuldung ist bei 106 Mio. mit steigender Tendenz - und das nach 10 Jahren Stärkungspakt, bei dem bereits ca. 150 Mio. € über die gesamte Laufzeit eingespart wurden.

Ja, die Zitrone ist mehrfach ausgepresst.

Jetzt geht es an den Abrieb der Zitronenschale.

Aktuell kann die strukturelle Unterfinanzierung daran abgelesen werden, dass die Summe aller freiwilligen Leistungen kleiner ist als das Defizit.

Die strukturelle Unterfinanzierung der Städte begann schon sehr früh.

Schauen Sie bitte noch mal in dem Vorbericht zum HSK 2022

in die Abbildung:

Kumulierter Finanzierungssaldo sowie Investitions- und Liquiditätskredite aller Kommunen in Deutschland ab 1950.

Diagramme machen vieles übersichtlicher und verständlicher.

Jedenfalls, dieses Diagramm zeigt schonungslos, wie die Kommunen in die Schuldenfalle getrieben wurden.

Und jetzt sind wir bei der Altschulden-Problematik. Hinzu kommen die zu erwartenden Rückzahlungen nach Corona/ Ukraine -Isolationsgesetz,  abzutragen über 50 Jahre, ein sehr langer, unüberschaubarer Zeitraum, der viele ängstigt.

Man betrachte nur die Krisen der letzten Jahre.

Natürlich wollen wir nachfolgende Generationen vor zu vielen  Schulden schonen.

Nur, das Anhäufen von Schulden hat schon 1980 begonnen also vor 30-40 Jahren begonnen.

Das heißt, wir selbst sind schon die nachfolgende Generation und wir haben auch noch Kinder und Enkel.

Damit Kinder und Enkel  später vernünftig ihr eigenes Leben gestalten können, brauchen wir eine solide kommunale Infrastruktur.

Die Fördermittel für Kommunen werden stets als Wohltat dargestellt. Sie sind aber in Wirklichkeit ein Zeichen für Unterfinanzierung.

Hinzu kommen die seit Jahrzehnten fortlaufenden Konnexitätsverletzungen.

Konnexität heißt: Aufgaben- und Finanzverantwortung gehören zusammen.

(Wer bestellt, bezahlt.)

In dieser Weise sind die Altschulden aufgelaufen.

Die Kommunen verrichten für Land und Bund Aufgaben, für die sie zu wenig Geld bekommen haben.

Es gibt hier keine Marmor-Säulen in der Fußgängerzone oder Geysire im Kreisverkehr und auch keine goldenen Wasserhähne.

Altschulden sind Geld, was die Kommunen vorgestreckt haben und dafür haben sie Kredite aufgenommen.

Wir wollen unser Geld zurück.  Das bedeutet Altschuldenregelung.

Es ergeben sich daraus folgende Forderungen

  1. Die Städte und Gemeinden benötigen dringend frische Mittelzuweisungen.
  2. Einführung einer kommunalen Schuldenbremse in die Landesverfassung.
  3. Die Verteilung der Finanzmittel darf nicht mehr nach Wirtschaftskraft erfolgen, sondern nach Soziallasten.
  4. Verankerung eines echtes Konnexitätsprinzips im Grundgesetz. (1994 wurde des Art. 28 (Selbstverwaltungsgaratie) des Grundgesetzes geändert. Das hat kaum etwas verbessert. Hier muss nachgeschärft werden)
  5. Förderprogramme des Landes streichen und mehr Geld den Kommunen lassen.
  6. Die durch die Kreisordnung vom Land zugewiesenen Aufgaben, sollen konsequenterweise komplett vom Land finanziert werden.
  7. Eine Nachhaltige Beseitigung der Altschulden.

Nach dem Koalitionsvertrag auf Landesebene sollen Altschulden auch ohne Beteiligung des Bundes beseitigen werden.

Deswegen rufe ich die CDU und die Grünen in Gladbeck auf,

suchen Sie den Kontakt zu Ihren Landtagsfraktionen und setzten Sie sich für eine Altschuldenregelung ein.

Der Haushalt 2024 inklusive Haushaltssicherungskonzept (HSK) in der vorliegenden Fassung ist genehmigungsfähig nach Rücksprache mit der Genehmigungsbehörde.

Zum Schluss stellt sich die Frage:

Welche Gladbeckerin oder welcher Gladbecker hätte einen Vorteil davon, wenn dieser vorliegende Haushalt abgelehnt wird und wir dauerhaft in die vorläufige Haushaltsführung (§82 GO) fielen?

Wir glauben: Niemand!

Und deswegen werden wir zustimmen.